Plötzlich werden die einfachsten Dinge des Alltags, sei es Kochen oder Einkaufen gehen, zu einer Herausforderung. Meist leiden die Betroffenen unter ihrem eingeschränkten Leistungsvermögen und hadern mit sich selbst: Sie fühlen sich schuldig, weil sie das Gefühl haben, persönlich zu versagen und es schwerfällt, Fatigue als solche zu erkennen und zu akzeptieren.
Fatigue ist ein nicht zu beherrschendes Gefühl der körperlichen oder seelischen Abgeschlagenheit, Erschöpfung, Ermüdung und Energielosigkeit. Offensichtlichstes Kennzeichen für Fatigue ist sehr oft das Unvermögen, eine körperliche oder geistige Tätigkeit über einen längeren Zeitraum ohne Pausen ausüben zu können. Wie die MS selbst, kann Fatigue in vielen unterschiedlichen Formen in Erscheinung treten. Im Allgemeinen werden zwei Formen unterschieden: primäre und sekundäre Fatigue. Wissenschaftler führen die primäre Fatigue unmittelbar auf die MS zurück. Die MS-typischen Schädigungen des Zentralnervensystems haben eine Verlangsamung der Reaktionen zur Folge, was letztlich zu einer abnormen Müdigkeit führt. Die sekundäre Form hingegen ist nicht direkt auf die MS zurückzuführen. Hier können verschiedene Faktoren von Bedeutung sein. Beispielsweise schränken Schlafstörungen die Leistungsfähigkeit am Tage ein und erhöhen damit die Ermüdbarkeit. Symptome wie Geh- und Sehstörungen können dazu führen, dass alltägliche Tätigkeiten für den Körper kräfteraubend sind und dadurch schneller eine Erschöpfung eintritt. Trotz aller Anstrengungen der Wissenschaft sind die Ursachen für das Syndrom bisher noch nicht abschließend geklärt.
Für die Diagnostik stehen eine Reihe standardisierter Fragebögen zur Verfügung, mit denen die subjektive Dimension der Fatigue individuell erfasst werden kann. Einer der gebräuchlichsten Erhebungsbögen, der als Goldstandard gilt, ist die sogenannte „Fatigue Severity Scale“. Darüber hinaus ergänzen schulmedizinische Messmethoden, wie etwa Belastungstests oder computergestützte neuropsychologische Verfahren, das diagnostische Repertoire.
Der Fatigue Severity Scale“ (FSS) ist ein Fragebogen, mit dessen Hilfe sich das Vorliegen und der Schweregrad einer Fatigue bei verschiedenen Krankheitsbildern beurteilen lässt. Fatigue ist ein unspezifisches und sehr subjektiv wahrgenommenes Problem. Der Fragebogen hilft, diese Aspekte zu berücksichtigen.
Fatigue ist zweifelsohne eine erhebliche Belastung für die Betroffenen, aber dennoch können durch gezielte Maßnahmen die Symptome vermindert werden. Wenn du unter starker Müdigkeit und Erschöpfung leidest, solltest du dies frühzeitig und ausführlich mit deinem behandelnden Arzt besprechen, um eine individuelle Behandlungsmöglichkeit zu finden. Ärzte raten häufig zu einer Anpassung des Lebensstils. So haben sich mehrere über den Tag verteilte Ruhepausen sowie das Erlernen bestimmter Entspannungstechniken bewährt. Zudem helfen auch praktische Tipps, z. B. sich zum Einkaufen einen Handwagen mitzunehmen oder das Sportprogramm nicht in der Mittagshitze durchzuführen. Regelmäßiges gut dosiertes Ausdauertraining (Schwimmen, Radfahren, Nordic Walking) steigert die körperliche Belastbarkeit und wirkt der Fatigue-Entstehung entgegen. Bei bestehender Wärmeempfindlichkeit ist es ratsam, Hitze zu meiden und bei hohen Temperaturen eine optimale Körpertemperatur mit Hilfe von Kühlelementen, wie Kühlweste, Nackentuch oder Stirnband, zu erreichen. Besondere Diäten müssen nicht eingehalten werden. Allerdings solltest du unbedingt darauf achten, ausreichend zu trinken, da ein Flüssigkeitsmangel die Symptome verstärken kann. Damit du deinen Tagesablauf möglichst optimal nutzen kannst, kann es hilfreich sein, ein Fatigue-Tagebuch zu führen. Dieses kann dir helfen, mit deinen Kräften besser zu haushalten.
Versuche, die Fatigue medikamentös zu behandeln, sind in Studien bisher kaum zufriedenstellend verlaufen. Zwar gibt es mittlerweile einige Wirkstoffe, jedoch ist bis heute keine dieser Substanzen in Deutschland für die Therapie zugelassen. Allerdings kann der medikamentöse Einsatz im Einzelfall und unter bestimmten Voraussetzungen in Absprache mit dem behandelnden Arzt versucht werden, die Kosten dafür werden jedoch nicht von den Krankenkassen getragen.
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Literatur
ms-life Biogen GmbH. [Internet] Patientenbroschüre „Den Alltag meistern“. [Abgerufen am 02.Juli 2018]. Abrufbar unter: http://www.ms-life.de/msservice/broschuerendownload/,
Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg (AMSEL) e.V. [Internet] Fatigue bei Multipler Sklerose - Ein Ratgeber. [Abgerufen am 02.Juli 2018]. Abrufbar unter: https://www.amsel.de/multiple-sklerose-news/amsel-aktuell/fatigue-bei-multipler-sklerose-ein-ratgeber/https://www.dmsg.de/multiple-sklerose-news/dmsg-aktuell/schon-mehr-als-12000-multiplesklerose-erkrankte-managen-ihren-alltag-mit-dem-ms-tagebuch/
Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg (AMSEL) e.V. [Internet] Fatigue lässt sich messen. [Abgerufen am 02.Juli 2018]. Abrufbar unter: https://www.amsel.de/multiple-sklerose-news/medizin/multiple-sklerose-fatigue-laesst-sich-messen/